ASIEN/MYANMAR - "Ich knie nur vor Gott nieder”: Die letzten Worte von Pfarrer Martin Ye Naing Win

Mittwoch, 19 Februar 2025

Archdiocese of Mandalay

Von Paolo Affatato

Mandalay (Fides) - Als am Abend des 14. Februar das Kommando von zehn bewaffneten Personen im Pfarrhaus der Kirche Unserer Lieben Frau von Lourdes im Dorf Kangyi Taw (im Bezirk Shwe Bo in der Region Sagaing) eintraf, stellte sich Pfarrer Donald Martin Ye Naing Win, ein 44-jähriger Priester der Erzdiözese Mandalay, furchtlos den zehn Milizionären entgegen, die ihn bedrohten. Diese hatten zunächst zwei Frauen, Lehrerinnen und Mitarbeiterinnen der Pfarrgemeinde, bedroht und zum Schweigen gebracht, die sich auf dem Kirchengelände aufhielten und dem Pfarrer bei der Organisation des Unterrichts für die Kinder der etwa 40 katholischen Familien der Gemeinde halfen. In der Region Sagaing, die von den Auseinandersetzungen zwischen der burmesischen Armee und den Widerstandskräften betroffen ist, ist das staatliche System zusammengebrochen, es gibt keine öffentlichen Dienstleistungen und die Bildung wird nur durch spontane Initiativen wie die der Pfarreien gewährleistet.
Es sind die beiden Frauen, die bei den Ereignissen anwesend waren und sich jetzt aus Sicherheitsgründen an einem geschützten Ort befinden, die die Einzelheiten des Vorfalls erzählen. Ihre Zeugenaussage, die Fides vorliegt, hat bereits das Justizministerium der Regierung der Nationalen Einheit (NUG) im Exil erreicht, von der die Volksverteidigungskräfte (People's Defence Force, PDF) abhängen, die das Gebiet in den so genannten „befreiten Gebieten“ kontrollieren, d.h. die von den Oppositionskräften der Kontrolle der Militärjunta entzogen wurden.
Die Männer, die Pfarrer Donald angegriffen haben, so berichteten die Frauen, befanden sich in einem offensichtlich wahnhaften Zustand, entweder aufgrund von Alkohol oder Drogen. Sie kamen aus dem Nachbardorf. Es ist nicht klar, warum sie den Priester mit solcher Gewalt angriffen, dem der Anführer befahl, sich hinzuknien. Pfarrer Donald beobachtete sie und erwiderte mit der Sanftmut und dem inneren Frieden, die ihn als Mann und Priester mit aufrechtem Gewissen auszeichnen: „Ich knie nur vor Gott nieder“. Und dann fuhr er leise fort: „Was kann ich für euch tun? Gibt es eine Angelegenheit, über die wir sprechen können?“.
Auf seine Worte antwortete einer der Männer mit Schlägen mit einem Dolch, der noch in der Scheide steckte, mit dem her von hinten auf ihn einschlug. Mit dieser Waffe traf er jedoch versehentlich auch den Anführer der bewaffneten Gruppe. Dieser, der sich bereits in einem Zustand des Rausches und der Wut befand, die auch auf die Reaktion von Pfarrer Donald zurückzuführen war, zog ein Messer und ging wütend auf den Priester los, wobei er ihm wiederholt brutal in den Körper und in den Hals stach. Pfarrer Donald gab kein Wort von sich und beklagte sich nicht. Er ertrug die sinnlose Gewalt, ohne zu reagieren, wie ein unschuldiger Mann, „wie ein Lamm auf der Schlachtbank“, wie die Zeugen berichten. Die anderen Männer standen dabei und sahen zu, wie der Mord ausgeführt wurde. Durch die wiederholten Schläge auf die Kehle wurde der Kopf fast vom Körper abgetrennt, der in einem See aus Blut versank. Nach dem Verbrechen entfernte sich Gruppe von Männern vom Tatort.
Die Frauen schlugen Alarm und riefen die Dorfbewohner, die unter Schock und Tränen den leblosen Körper mitnahmen. Daraufhin wurde die Soldaten der „People's Defence Force“ alarmiert, die die Angreifer aufspürte und verhaftete. Die Zeugenaussagen der beiden Frauen wurden aufgezeichnet und der Regierung der Nationalen Einheit übermittelt, die in einer Erklärung betonte, sie sei „zutiefst betrübt über die Ermordung des Pfarrers Pater Donald Martin aus Mandalay“ und werde sich „verpflichten, die mutmaßlichen Mörder nach dem Gesetz zu bestrafen“. „Die Volksverteidigungskräfte (PDF) des Distrikts Shwebo nahmen am selben Tag zehn Verdächtige fest“ und leiteten die entsprechenden Ermittlungen ein, heißt es in der Erklärung weiter. „Die Beschuldigten gehören zu einer lokalen Verteidigungsgruppe“, heißt es in dem Text, „Da bekannt ist, dass sie zu den Streitkräften gehören, werden die Regierung der Nationalen Einheit und das Verteidigungsministerium rechtliche Schritte einleiten“, wobei das für das Militär vorgesehene Recht angewandt werde. „Die Regierung der Nationalen Einheit“, so heißt es abschließend, “verurteilt Angriffe auf Zivilisten, einschließlich religiöser Führer, durch jegliche Organisation aufs Schärfste“.
Wie die Vereinigung zur Unterstützung politischer Gefangener (AAPP) erklärt, gibt es in den vom Widerstand kontrollierten Gebieten - die eine Art „Parallelstaat“ darstellen - „keinen endgültigen Rechtsrahmen, der als Richtschnur für Regierungsführung, Verwaltung und Gesetzgebung dient“. In einigen befreiten Gebieten „gibt es ein Justizsystem mit Bezirksrichtern, die ein Verfahren einführen und in einigen Fällen ihren eigenen Rechtsrahmen anwenden“.
Andererseits ist es im gegenwärtigen Kontext schwierig, völlig neue Gesetze zu entwerfen und umzusetzen, so dass in vielen befreiten Gebieten immer noch die nationalen Gesetze angewandt werden, die in den vergangenen Jahren von der Armee für Myanmar erlassen und geändert wurden. Es werden jedoch Anstrengungen unternommen, um selektiv die Gesetze durchzusetzen, die „mit den internationalen Menschenrechtsnormen übereinstimmen“, wobei auf die Gesetze geachtet wird, die von den wechselnden Militärjuntas des Landes erlassen wurden und „den Behörden übermäßige Macht und unverhältnismäßige Strafen“ einräumen. Die AAPP weist auf die Notwendigkeit einer „umfassenden Justizreform“ und eines „fairen und gerechten Systems“ hin, in dem keine Instanz (Richter, Verwaltungsorgane, lokale Polizeibeamte und andere bewaffnete Gruppen), unabhängig von ihrem Status, „über dem Gesetz steht“.
Es wird darauf hingewiesen, dass unterdessen jeder, der eines Verbrechens beschuldigt wird, die Möglichkeit haben muss, sich zu verteidigen. Derzeit ist in den befreiten Gebieten ein Bezirksrichter befugt, die Todesstrafe zu verhängen. Wird der Angeklagte zum Tode verurteilt, so hat er de facto kein Recht auf Berufung.
(Fides 19/2/2025)


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