ASIEN/BANGLADESH - Katholiken wollen in einer heiklen Phase des Übergangs Hoffnung schenken

Mittwoch, 22 Januar 2025 zivilgesellschaft   wirtschaft   gesellschaft   politik  

Dhaka (Fides) - „Eine allgemeine Krise ist im Lande zu spüren. Das Land befindet sich einer sehr heiklen Phase des Übergangs. Es gibt Spannung, es gibt Unsicherheit. Wir sind ziemlich besorgt über die allgemeine Situation des Landes. In vielen Bereichen, sowohl im öffentlichen als auch im privaten, herrscht eine Krise. Vor allem auf wirtschaftlicher Ebene gibt es Probleme, die neue Proteste ankündigen“, so Pfarrer Redon Robert Hadima, ein bangladeschischer Priester, Vizerektor des Interdiözesanen Priesterseminars in Dhaka, wo er sich der Ausbildung junger Bangladescher auf dem Weg zum Priestertum widmet, gegenüber Fides. Im Sommer 2024, als die Studentenbewegung zu heftigen Straßenprotesten aufrief, die später zum Sturz und zur Flucht der damaligen Premierministerin Sheikh Hasina führten, erreichte der Protest, auch in gewaltsamer Form, das Gebiet, in dem sich das Seminar befindet. Das Gebäude hatte zwar keine Angriffe oder Schäden zu verzeichnen, doch andere öffentliche und private Einrichtungen wurden ins Visier genommen und beschädigt.
„Das bangladeschische Volk wollte ein neues Kapitel aufschlagen. Man vertraute einer Übergangsregierung, doch nun, nach einigen Monaten, scheint die Lage erneut kritisch zu sein: Die Wirtschaft befindet sich in einer schwierigen Lage. Mehr als 200 Textilfabriken wurden geschlossen, was schwere Auswirkungen auf die Beschäftigung hat. Eine galoppierende Inflation selbst bei den Grundbedarfsgütern, eine rapide Abwertung des bengalischen Taka gegenüber dem US-Dollar, die die Kosten für importierte Waren in die Höhe treibt: alles Phänomene, die die Unzufriedenheit der Bevölkerung schüren. Wenn die Menschen nicht genug zu essen haben und um ihr Überleben kämpfen müssen, führt dies zu einer potenziell explosiven sozialen Situation“, stellt Pfarrer Hadima fest.
Im öffentlichen Sektor ist es das Schulsystem, das darunter leidet: Die umstrittene Entscheidung der Übergangsregierung von Bangladesch, den Inhalt einiger Schulbücher zu ändern und frühere Ausgaben zurückzuziehen, hatte zur Folge, dass Millionen von Schülern im neuen Schuljahr, das im Januar 2025 begann, ohne Bücher und das notwendige Unterrichtsmaterial dastanden. Ziel war es, die Schulbücher umzuschreiben, um die historischen Bezüge zu Scheich Mujibur Rahman, dem Vater der abgesetzten Premierministerin Sheikh Hasina, zu ändern. Mujibur Rahman wurde bisher als derjenige bezeichnet, der im Februar 1971 die Unabhängigkeit Bangladeschs von Pakistan erklärte. In den neuen Büchern wird die Unabhängigkeitserklärung stattdessen Ziaur Rahman, dem ehemaligen Präsidenten und Gründer der Bangladesh Nationalist Party (BNP), zugeschrieben, und Verweise auf Mujibur als „Vater der Nation“ wurden gestrichen. Historikern zufolge gab Ziaur, der damals Major der Armee war, die Erklärung jedoch im Namen von Mujibur ab, der damals von den pakistanischen Behörden inhaftiert worden war.
„Das Fehlen der Bücher in den Klassenzimmern“, erklärt Pfarrer Hadima, “hat zu einer Orientierungslosigkeit in den öffentlichen und privaten Schulen geführt. Es gibt auch ein ziemlich ernstes Phänomen in den höheren Bildungseinrichtungen: den Rücktritt oder den Rauswurf hervorragender Dozenten, die, nur weil sie der Studentenbewegung nicht gefielen, ihre Lehrstühle verlassen haben. Das Niveau der höheren Bildung sinkt dadurch enorm“.
„Was man wahrnimmt“, so der katholische Priester, „ist in gewisser Weise das Ende der ‘Flitterwochen' der Übergangsregierung mit der Bevölkerung, die noch nicht einmal das Datum der Wahlen kennt und die sich sehnlichst politische, wirtschaftliche und soziale Stabilität wünscht. Wir leben in einer heiklen Übergangsphase, in einem prekären Gleichgewicht. Es herrscht ein allgemeines Gefühl der Unzufriedenheit in der Bevölkerung, und heute werden sogar die Anführer der Studentenbewegung heftig kritisiert und als Auslöser dieser instabilen Phase hingestellt. Es besteht die Befürchtung, dass die sozialen Spannungen wieder in Gewalt ausarten könnten“.
„Ein weiteres Problem“, so Pfarrer Hadima, “ist die Reorganisation und das Wiederaufleben radikaler islamistischer Gruppen, die Probleme in der Gesellschaft verursachen könnten, indem sie Praktiken und diskriminierende Handlungen insbesondere gegen religiöse Minderheiten wie Christen und Hindus anschüren“.
Er schließt mit den Worten: „Als katholische Gemeinschaft, die 0,03 % der Bevölkerung ausmacht, sollten wir versuchen, unseren Beitrag zur Stabilität zu leisten, die Gemüter zu beruhigen, die Menschen um Geduld zu bitten und gerade in dieses Jubiläumsjahr im Zeichen der Hoffnung zu leben. Die Hoffnung ist da, sie ist der Herr und sie ist unerschütterlich. Wir verpflichten uns, im Kleinen die Nächstenliebe und die Solidarität mit allen zu fördern, besonders mit den Ärmsten und Schwächsten“.
(PA) (Fides 22/1/2024)


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