Vatikanstadt (Fides) - "Um das Evangelium zu verkünden müssen wir zuerst die Last unserer Geschichte zu Füßen des Herrn ablegen, ihm die Last unserer Vergangenheit anvertrauen. Nur versöhnte Menschen können das Evangelium verkünden“, heißt es in der Ansprache, die der Vatikan für die Generalaudienz des Papstes an diesem Mittwoch vorbereitet hat.
Im Rahmen der Katechese über das Leben Jesu, befasst sich der Papst mit den Begegnungen Jesu auf seinem Weg und geht heute auf die Begegnung mit der Samariterin am Brunnen ein. Dies ist, so der Papst, einer der Momente, „in denen es scheint, als habe Jesus genau dort auf uns gewartet: an dieser Kreuzung unseres Lebens. Es sind Begegnungen, die uns überraschen, und vielleicht sind wir anfangs ja auch ein wenig misstrauisch: Wir versuchen, vorsichtig zu sein und zu verstehen, was da vor sich geht“, so wie es der Samariterin erging.
Sie, so betont der Bischof von Rom, „hatte nicht erwartet, um die Mittagszeit einen Mann am Brunnen anzutreffen. Im Gegenteil, sie hatte gehofft, überhaupt niemanden anzutreffen. Vielleicht schämt sich diese Frau für ihr Leben, vielleicht hat sie sich von anderen verurteilt, verdammt und unverstanden gefühlt, und hat sich deshalb isolierte und alle Beziehungen abgebrochen“. Gleichzeitig will Jesus, der „einen anderen Weg hätte wählen und Samarien nicht durchqueren können“ und dies wäre „angesichts der angespannten Beziehungen zwischen Juden und Samaritern auch sicherer gewesen. Er aber will dort vorbeikommen und macht genau zu dieser Stunde an diesem Brunnen halt! Jesus erwartet uns und er lässt zu, dass wir ihn gerade dann finden, wenn wir denken, dass es für uns keine Hoffnung mehr gibt“.
Von Bedeutung ist auch der Ort der Begegnung: „Im antiken Nahen Osten war der Brunnen ein Ort der Begegnung, an dem manchmal Hochzeiten stattfanden, ein Ort der Verlobung. Jesus möchte dieser Frau helfen, zu verstehen, wo sie die wahre Antwort auf ihr Verlangen finden kann, geliebt zu werden“.
“Nikodemus hatte Jesus nachts aufgesucht“, heißt es in dem Katechesetext weiter, „hier dagegen trifft Jesus die Samariterin mittags“, denn „es ist in der Tat ein Moment der Offenbarung. Jesus gibt sich ihr gegenüber als der Messias zu erkennen und wirft auch ein Licht auf ihr Leben“. Dann „lenkt sie das Gespräch auf die religiöse Frage, die Juden und Samariter spaltet. Das passiert uns manchmal auch beim Beten: In dem Moment, in dem Gott unser von Problemen belastetes Leben berührt, verlieren wir uns manchmal in Überlegungen, die uns die Illusion geben, dass unser Gebet gelungen ist. In Wahrheit aber haben wir Schutzbarrieren errichtet. Doch der Herr ist immer größer, und so schenkt er jener Samariterin, die er nach den kulturellen Schemata gar nicht hätte ansprechen dürfen, die höchste Offenbarung: Er spricht zu ihr vom Vater, der im Geist und in der Wahrheit angebetet werden muss. Und als sie, wieder einmal überrascht, bemerkt, dass es besser ist, in diesen Dingen auf den Messias zu warten, sagt er zu ihr: „Ich bin es, der mit dir spricht“. Es ist wie eine Liebeserklärung: Ich bin es, auf den du wartest; derjenige, der dein Verlangen nach Liebe endlich stillen kann“.
An diesem Punkt „läuft die Frau los, um die Dorfbewohner zu rufen, denn aus der Erfahrung, sich geliebt zu fühlen, erwächst die Mission. Und welche Botschaft könnte sie auch überbringen, wenn nicht ihre Erfahrung, nicht nur verstanden und angenommen zu werden, sondern auch Vergebung zu erfahren? Es ist ein Bild, das uns dazu bringen sollte, über unsere Suche nach neuen Wegen der Evangelisierung nachzudenken. Für sie „ist die Vergangenheit keine Last mehr; sie ist mit ihr versöhnt. Und so ist es auch für uns“, so der Papst abschließend.
(F.B.) (Fides 26/3/2025)