ASIEN/INDONESIEN - Massive Militärpräsenz in Westpapua: Indigene Einwohner sind “Fremde im eigenen Land”

Freitag, 17 Januar 2025

Jayapura (Fides) - Die plötzliche Besetzung von Waldgebieten und Dörfern indigener Völker durch den massiven Einsatz von Militäreinheiten in der indonesischen Region Papua wird zu einer Konstante, die das Leben einer ganzen Region mit ihrem menschlichen und natürlichen Erbe prägt. So erging es den Bewohnern von fünf Dörfern im Bezirk Oksop (im Zentrum Papuas im Gebiet der Diözese Jayapura), die Ende November wegen der Stationierung von Militäreinheiten in andere Gebiete, wie den benachbarten Bezirk Oksibil, flohen. „Die Anwesenheit des Militärs im Bezirk Oksop hat in der Gemeinde Angst und Unsicherheit ausgelöst. Verschiedene Aktionen des Militärs, wie das Aufstellen von Posten in Kirchen und die Nutzung öffentlicher Einrichtungen ohne Erlaubnis, haben die Situation weiter verschlimmert“, sagt er Pater Alexandro Rangga (OFM), Direktor der Kommission „Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung“ in Papua. Nach Angaben der Kommission der Franziskaner wurden 300 Menschen in andere Dörfer vertrieben, während viele sich in den Wäldern verstecken.
„Das Grundproblem in Papua ist die Art und Weise, wie die indonesische Zentralregierung nationale Projekte mit einem militärischen Ansatz verfolgt. Darüber hinaus bringt die massive Präsenz des Militärs auch Aktivitäten mit sich, die vom Militär selbst gefördert werden, mit Interessenkonflikten und Operationen am Rande der Legalität“, stellt der Franziskaner fest.
Wie eine offizielle Mitteilung der Diözese Jayapura bestätigt, „ist die Sicherheitslage im Bezirk Oksop nach wie vor ungünstig“. In der Tat „zögern die Flüchtlinge, in ihre Heimatdörfer zurückzukehren, weil sie Angst haben“. Die Anwesenheit von immer mehr Truppen – allein zwischen dem 13. und 15. Januar 2025 wurden drei Truppen entsandt - habe die Spannungen noch verstärkt. „Die vertriebenen Menschen haben traumatische Erfahrungen gemacht, als sie ihre Häuser verlassen mussten“, berichtet der Franziskaner.
Als Reaktion auf diese Notsituation fordern die Kirche von Jayapura und die Kommission für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung die Regierung auf, „die Streitkräfte aus dem Bezirk Oksop abzuziehen und einen Raum für den Dialog zu öffnen, um eine friedliche Lösung zu finden“ und in der Zwischenzeit „den Flüchtlingen angemessene humanitäre Hilfe zu leisten“. Der Weg des Dialogs, so der Franziskaner, „ist der einzige Weg, die Gewalt zu beenden und einen nachhaltigen Frieden in Papua zu schaffen“.
Bei der Beurteilung der Gesamtsituation stellt Pater Rannga fest, dass „sich die Lage in den letzten Jahren verschlechtert hat“. „Obwohl die indonesische Regierung auf verbaler Ebene von einem „Sicherheits“-Ansatz zu einem Ansatz übergegangen ist, der von „Wohlfahrt“ spricht, werden in Wirklichkeit immer noch Soldaten eingesetzt, um Programme jeglicher Art vor Ort durchzuführen“, erklärt er, „Das ist besorgniserregend, denn die Menschen haben bereits eine lange und traumatische Erfahrung mit dem Militär gemacht. Insgesamt gibt es in Papua zwischen 60.000 und 100.000 Binnenvertriebene, vor allem aus Maybrat, Kiwirok und Intan Jaya“.
Darüber hinaus habe die indonesische Regierung „seit 2020 in West-Papua Lebensmittelplantagen angelegt (oft für Palmölplantagen, Anm. d. Red.), ohne die Zustimmung der indigenen Völker einzuholen, die sich um ihr Land betrogen fühlen: Sie nutzen die lokalen Behörden oder die Armee, um sich das Land gewaltsam anzueignen, und diese Vorgehensweise führt zu Zusammenstößen und Unzufriedenheit“, erklärt er weiter.
„Als Kommission für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung haben wir den UN-Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (Committee on economic, social and cultural rights, CESCR) auf diese Probleme aufmerksam gemacht: den angestammten Besitz von Land, die Ungleichheiten zwischen indigenen Papuas und Migranten, den Zugang zu Gesundheits- und Bildungseinrichtungen“, so der Ordensmann.
Die Spannungen in dem Gebiet gehen auf das umstrittene Referendum von 1969 zurück, durch das Papua in die Republik Indonesien eingegliedert wurde, was eine lange Periode fortschreitender Verarmung und Marginalisierung der einheimischen Papuas einleitete. Der Aufstieg separatistischer bewaffneter Gruppen (wie der „West Papuan National Liberation Army“, TPN-PB, dem bewaffneten Flügel der „Papua Liberation Movement“) löste einen schwelenden Konflikt aus, der Tausende von Menschen zur Flucht veranlasste und das Leben in einer Region, die ohnehin schon durch Unterentwicklung gekennzeichnet ist, weiter erschwerte. Darüber hinaus kommen die Projekte zur Ausbeutung der enormen natürlichen Reichtümer Papuas (Palmöl, Kupfer, Gold, Holz, Erdgas) nicht der indigenen Bevölkerung zugute, die stattdessen die negativen Auswirkungen wie die Zerstörung von Land, die Verseuchung von Wasserquellen und die daraus resultierenden gesundheitlichen Probleme zu tragen hat.
In der Zwischenzeit hat das von Jakarta geförderte interne Migrationsprogramm („Transmigrasi“) die demografische Zusammensetzung Papuas verändert, was den sozioökonomischen Status der indigenen Papuas schwächt und ihre Beschäftigungsmöglichkeiten einschränkt. Die Einheimischen beschweren sich, dass sie „zu Fremden in ihrem eigenen Land geworden sind“.
(PA) (Fides 17/1/2024)


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